In Linz assoziiert jeder Kulturinteressierte mit Kristian Fenzl Design in kaum übertrefflicher Qualität. Er freut sich, wenn er auf vielen Flughäfen dieser Welt Rosenbauer Löschfahrzeuge sieht und weiß: Die hat K. Fenzl entworfen. Er freut sich weniger, wenn er den Pannenwagen für sein liegen gebliebenes Auto braucht, und ist in erster Linie froh, wenn ihm dann geholfen wird. Dass Fenzl das Fahrzeug des Helfers entworfen hat, wird er kaum registrieren.
Ähnlich, aber mit deutlich positiveren Vorzeichen, wird es ihm beim Wintersportvergnügen ergehen. Das Fenzl-Design der Seilbahngondel wird er bei der Talfahrt schon vergessen haben.
In allen drei Fällen wird die gefällige Form der Transportmittel eine angenehme Grundstimmung hervorrufen, ihre perfekte Funktionalität aber wenig beachtet werden. Die setzt man voraus. Damit ist über Fenzls Arbeit schon einiges – wenn auch noch lange nicht alles – ausgesagt, auch wenn wir über seine neuen Bilder sprechen. Der Name Kristian Fenzl erinnert aber auch an die Kunstuni Linz, wo er schon lange Zeit als Professor für Produktgestaltung lehrt, denn sein künstlerischer Werdegang spiegelt gleichsam die Geschichte dieses Institutes wider, in ihrer Vielfalt, aber auch in ihrer Widersprüchlichkeit, auch wenn er nicht mit ihren Anfängen zu tun hatte. Damals (1947) war er nämlich erst ein Jahr alt und gar nicht in Linz, sondern in Leonstein bei Steyr, OÖ. Nach den Wünschen der Politiker sollte die neue Schule bei aller Freiheit der Lehre in erster Linie auf die angewandte Kunst ausgerichtet sein. Als Vorbild sah man das 1919 gegründete Bauhaus in Weimar (später Dessau) und es ging um die Verschmelzung von Industrie und Design (damals noch Gestaltung genannt). Das war nahe liegend, denn die kaum ein Jahrzehnt vorher ins Leben gerufene Rüstungsindustrie der NS-Zeit sollte auf Friedensproduktion umgestellt werden. Andere Gruppen meinten, dass man gegen das Übergewicht der Industrie einen kulturellen Gegenpol schaffen sollte. Sie hat sich durchgesetzt, auch wenn mit Wolfgang von Wersin ein Designer an die Akademie berufen wurde.
Kristian Fenzl ist derweil in Steyr aufgewachsen und hat an der Akademie für angewandte Kunst in Wien studiert. Damit war sein Lebensweg zunächst vorgezeichnet, nicht aber der Aktionshorizont. Aus dem Interesse für fremde Kulturen und vielen Reisen als „Rucksacktourist“ – das war für die Nach68er durchaus üblich – resultierte ein Studienaufenthalt an der University Stellenbosch (Südafrika) und eine lebenslängliche Beschäftigung mit der Ethnokunst des so genannten Schwarzen Kontinents, aus der wiederum ein Institut für Ethnodesign erwuchs. Schließlich folgte die Anstellung als Assistent an der Kunstuniversität Linz und später die bereits erwähnte Professur.
1990 konzipierte er die Landesausstellung „Ursprung und Moderne“ in der Neuen Galerie Linz und mit dem Nordico wurde er 1991 erstmals bekannt, als er der eher schwierig zu präsentierenden Schau „Italienische Zeichnungen des 16. Jahrhunderts“ ein architektonisch ansprechendes Ambiente verschaffte. Es folgten 1993 noch die „Niederländischen Zeichnungen des 17. und 18. Jahrhunderts“, die eine sehr einfühlsame, in der Farbe reduzierte und in der Form bewegte Staffage erhielten. Zum Jubiläumsjahr 1999 gestaltete er „LinzGenesis“ im Alten Rathaus, eine Dauerausstellung zur Geschichte von Linz, die bis heute auch bei strengen Kritikern Anerkennung genießt. Eine ganz andere Aufgabe war die künstlerische Ausgestaltung des renovierten und revitalisierten Alten Rathauses in Linz, für die er eine große Anzahl regionaler und überregionaler KünstlerInnen heranzog.
Was zeichnet bei der Vielfalt der Tätigkeiten Kristian Fenzl aus? Wie schafft er das alles und, vor allem, warum begibt er sich nun seit wenigen Jahren primär auf das Feld der bildenden Kunst, im Speziellen der Malerei?
Zunächst sein Organisationstalent und die Bereitschaft, jedem Auftrag oder jeder selbst gestellten Aufgabe wirklich auf den Grund zu gehen, bei Fahrzeugen z.B. ihre genaue Funktion und Aufgabe zu kennen, bei Ausstellungsgestaltungen die Inhalte der Präsentation zu verstehen und nach Möglichkeit auch auf die Kundenwünsche einzugehen. Die gesammelten Ergebnisse sind ihm anschließend nicht Last oder Hindernis bei der kreativen Umsetzung im Design, sondern Anregung und Chance zugleich. Sie fügen sich zu Farben und Formen, erzeugen Spannung, wo es möglich, und Ruhezonen, wo es notwendig ist. All seine Entwürfe, Konzepte und künstlerischen Ausführungen wären nicht möglich gewesen, wenn das treffsichere Gespür für das gleichberechtigte Zusammenwirken von Raum, Form und Farbe nicht Pate gestanden wäre. Fenzl war stets nicht nur immens fleißig, sondern auch termintreu, was bei KünstlerInnen nicht immer zusammentreffen muss. Er machte im Gespräch nie große Worte über seine Werke oder seine Kunstauffassung. Die Ergebnisse sprachen jeweils für sich. Deshalb ist auch nicht verwunderlich, dass die wenigsten vom Umstand wussten, dass Kristian Fenzl jenseits seiner Design-Aufgaben schon immer frei gezeichnet und gemalt hat. Er ist damit nicht an die Öffentlichkeit getreten. So konfrontiert er uns heute mit einer Fertigkeit, die die einleitend geschilderten Kulturinteressierten einigermaßen verblüfft. Denn aus seinen Bildern wird unmittelbar deutlich, dass er die Malfläche ebenso beherrscht wie den Raum im Design. Stimmungen und Farben ergeben auf ebener Fläche die Tiefe von Landschaften, die man zu erkennen, ja sogar konkret zu kennen glaubt.
Die einstige Kunstschule Linz hat sich zur Universität für künstlerische und industrielle Gestaltung gewandelt. Kristian Fenzl ist den umgekehrten Weg gegangen und hat sich vom internationalen Designer zum Maler gewandelt.
Dir. Dr. Willibald Katzinger, Eröffnungsvortrag im Nordico 2006